Auf Kaffeefahrt im Kampf gegen das Böse
Wie sich das US-Außenministerium, Facebook, Google, MTV u.a. eine "Allianz der Jugendbewegungen" gegen den weltweiten Extremismus modellieren
Das amerikanische Außenministerium hat gesternBei einer Konferenz, die für nächste Woche in New York an der
Ein bisschen erinnert die Idee zur "Alliance of Youth Movement" an jene "Abstauber"-Praxis, die einst der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard Journalisten vorgehalten hat: Die würden immer nur ein "Zehnerl" als Frage hineinwerfen und hoffen, dass der Schriftsteller als Antwortautomat dann Interessantes im Wert von einem "Hunderter" ausspucke. Oder wenn man eine zeitlich näher liegende Analogie ins Spiel bringen will, so drängt sich jene auf, in der Verleger noch kürzlich allzu gerne auf den Blogger-Zug aufgesprungen sind, um online spitzenmäßig vorne zu sein, ohne dafür allzu viel Honorar zu lassen.
Der Verdacht, dass im Falle der "Alliance of Youth Movement" ein staatlich-privatwirtschaftlicher PR-Verbund ein vage wahrgenommenes Potential für eigene Interessen instrumentalisieren will, ist nicht so leicht abzuschütteln. Als Vorbild für ihre Idee des "Alliance of Youth Movement" verweisen der
17 sehr beindruckende Organisationen
Die vitale Kraft solcher aus Eigeninitiative entstandener Bewegungen will man sich nun im weltweiten Kampf gegen den Extremismus zunutze machen, das ist die Botschaft und Grundidee der Konferenz. Das "Wie" sollen die eingeladenen Gruppen selbst herausfinden. Am besten spontan, an Ort und Stelle, bei der Konferenz. Eingeladen sind 17 "sehr beeindruckende Organisationen", die laut den State-Department-Vertretern eine ähnliche Online-Präsenz haben wie die Anti-FARC-Bewegung, allerdings auf einem "niedrigeren Level". Was sich nach der Konferenz ändern soll.
Konkret genannt werden neben der Million Voices Against FARC das
Burma Global Action Network, die ägyptische Bewegung "Shabab 6 of April" (entstanden durch eine
Facebook-Gruppe) , "Invisible Children", eine Organisation aus Uganda, die sich gegen Gewaltaten der Lord's Resistance Army richtet (siehe dazu
Billige Soldaten), "Fight Back" aus Indien, die "Save Darfur Coalition", "One Million Voices Against Crime in South Africa", die britische Facebook-Gruppe "People's March Against Knife Crime", "Youth for Tolerance" aus dem Libanon, "Young Civilians" aus der Türkei, das "Iluminemos México Genocide Intervention Network" und schließlich eine Jugendorganisation aus Afghanistan: "Balkh, National Youth Federation" aus der gleichnamigen Provinz, deren Hauptstadt Mazar-e-Sharif ist. Angedeutet werden weitere "Organisationen" aus dem Irak und Afghanistan, über deren Identität nichts bekannt gegeben wird, außer dass sie noch keine Online-Präsenz haben, aber eine wünschen. Zudem wird auch die Teilnahme eines aus Sicherheitsgründen Ungenannten aus Kuba angedeutet, der eine Jugendorganisation vertreten soll.
Die besten Erfahrungen dieser Organisationen, die sich gegen alle möglichen Formen der Gewalt richten, könnten, so die Vorstellung von Glassman und Cohen, zu einem Modell zusammengeführt werden. Man wolle zeigen, dass die Technologie auf "unserer Seite" sei, nicht auf der Seite von al-Qaida, so Glassmann. Auf die Bemerkung, dass in der Liste der Gruppen keine ausgesprochenen Anti-Terror-Gruppen zu finden seien, antwortet er, dass solche Gruppen eben noch keine oder zumindest keine signifikante Online-Präsenz hätten. In etwas vagen Formulierungen deutet er an, dass man Foren für Gruppen, die sich gegen Terrorismus richten, erst schaffen wolle:
Als gutes Beispiel für eine dieser Gruppen zitiert er die
Zuversichtlich, diplomatisch geschickt und etwas unverbindlich zeigen sich Glassman und Cohen bei der nicht ganz harmlosen Frage von McCormack nach etwaigen Interessenskonflikten, die entstehen könnten, wenn das Außenministerium Gruppen unterstützt, die sich als Opponenten zu Regierungen verstehen, die offiziell als befreundet gelten:
Klar, wir arbeiten mit diesen Regierungen. Aber es gibt einen Unterschied auf der operativen Ebene zwischen "Public diplomacy" und offizieller Diplomatie, was wir in "public diplomacy" machen und was oft in offizieller Diplomatie getan wird. Wir kommunizieren und arbeiten auf der Ebene der Öffentlichkeit und nicht auf der Ebene von Regierungsvertretern. So ist es schon möglich, dass einige dieser Regierungen nicht ganz glücklich darüber sind, was wir tun. Aber das machen wir, wenn wir "Public diplomacy" betreiben.
Das Außenministerium wird sich nach einer anderen Aussage von Glassman mit 50.000 Dollar an dem Konferenz-Event beteiligen - kein Vergleich mit den Summen, welche die offizielle Diplomatie z. B. für Ägypten aufbringt. Aber der größte Sponsor der Konferenz ist auch nicht das State Department, sondern Howcast.com, ein Videoportal, das zeigt, wie man etwas am besten macht, z.B. Filme, einen Truthahn im Ofen, eine Lüge entdecken, Benzin sparen oder dem Chef "Nein" sagen. Whoopi Goldberg und ein ungenannter Mitbegründer von Facebook werden zum Auftakt sprechen. Der globale Kampf gegen den Terror ist irgendwie bei den Kaffeefahrten angekommen.
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