Dienstag, November 25, 2008

Krankenakten im Internet?

Unter dem Aufmacher "Das Geschäft mit intimen Patientendaten" berichtet die tageszeitung, dass Microsoft eine elektronische Patientendatei in Deutschland plant und Millionen von Gesundheitsdaten bald in Internet stehen. Die Realität sieht aber etwas anders aus.
Die Meldung der tageszeitung klingt aber erst einmal bedrohlich: "Patientendaten bald auch online" klingt stark nach dem berühmten gläsernen Patienten, den Kritiker der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gerne zitieren. Im Untertitel bekommt das Unheil einen Firmennamen: "Der Softwareriese Microsoft will eine deutschsprachige Version seines US-Programms 'Health Vault' auf den Markt bringen und Krankendaten erfassen." Die Verwirrung ist da, denn Microsoft Health Vault ist ein US-amerikanisches System einer patientengeführten Gesundheitsakte, die werbefinanziert arbeiten soll. Solche Gesundheitsakten gibt es auch in Deutschland von Anbietern wie Intercomponentware mit Lifesensor oder der Compugroup mit Vita-X, mit dem Unterschied, dass diese Angebote nicht kostenlos sind, da sie nicht werbefinanziert arbeiten. Eine solche Werbefinanzierung ist derzeit nur in der Praxissoftware erlaubt, die Ärzten einen Software-Rabatt einbringt. Patientengeführte Gesundheitsakten werden darum in Zusammenarbeit mit Krankenkassen getestet, wie es das Beispiel der Barmer zeigt, die ein solches Projekt finanziert.
Tatsächlich ist eine Übertragung der amerikanischen Modelle von Microsoft oder aber von Google Health auf das verschachtelte deutsche Gesundheitssystem nicht ohne weiteres möglich. Microsofts Pläne, den deutschen Markt aufzurollen, sind daher nicht gerade konkret zu nennen: "Verschiedene Marktteilnehmer, wie Kassen und Kliniken, haben uns gegenüber Interesse an der Plattform Health Vault bekundet. Gemeinsam mit unseren Lösungspartnern und den Interessenten evaluieren wir deshalb, ob eine Lokalisierung unter Berücksichtigung von Gesichtspunkten wie Datenschutz und anderen gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland sinnvoll ist. Dabei werden auch unterschiedliche Geschäftsmodelle in Betracht gezogen, die vom US-Vorbild – werbefinanziertes System – abweichen können. Wir sind also in einer sehr frühen Phase und können heute noch nicht entscheiden, ob wir die Plattform am deutschen Markt anbieten werden", erklärte Microsofts Firmensprecher Thomas Baumgärtner gegenüber heise online.
Wesentlich konkreter sind Microsofts Bestrebungen, über die elektronische Fallakte auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Dabei handelt es sich um eine "sektorenübergreifende" Behandlungsakte, die von Krankenhausärzten und niedergelassenen Medizinern gemeinsam in einem konkreten Behandlungsfall geführt wird. Auf der Medizinmesse Medica stellte Microsoft in Zusammenarbeit mit iSoft eine solche Fallakte vor, die nach den Spezifikationen der elektronischen Fallakte ausschließlich mit Microsoft-Technologien entwickelt wurde.

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