Ferngesteuert von der CIA
In „Der Mann, der niemals lebte“ spielt Leonardo DiCaprio einen Spion, der von seinem Führungsoffizier mit Hilfe von Aufklärungsbildern durch
Krisenregionen gelenkt wird. Doch wie schon in „Black Hawk Down“ zeigt Regisseur Ridley Scott auch die Grenzen militärischer Macht.
Jetzt, sofort und ohne Widerrede habe er mitzukommen, bedeutet der Beamte der jordanischen Sicherheitskräfte dem CIA-Agenten Roger Ferris. Der lässt sich in Ridley Scotts „Der Mann, der niemals lebte“ auf das Rendezvous ein und findet sich auf einer Müllkippe wieder, wo Scheinwerfer eine kniende Gestalt vor Dreck und Plastiksäcken für die Augen düster dreinschauender Geheimdienstmänner ausleuchten. Ferris (Leonardo DiCaprio) weiß nicht, ob er eine Hinrichtung verhindern soll, ob er aufpassen muss, nicht selbst eine Pistole ins Genick gesetzt zu bekommen, oder ob das ganze nur makabres Zermürbungstheater ist.
Scotts Adaption eines Thrillers von David Ignatius heißt im Original „Body Of Lies“, Lügengebäude also. Die nächtliche Müllhalde, auf der die Verbündeten der USA sich aufführen wie die Gegner der sogenannten freien Welt in naiven Spionagereißern früherer Tage, darf man getrost als Symbol für die Politik von George W. Bush nehmen. Phasenweise erinnert „Der Mann, der niemals lebte“ mit seiner Technik fetzchenweiser Preisgabe nie ganz verlässlicher Informationen an „Syriana“ von Stephen Gaghan.
Glasklarer Überblick
Der gebürtige Brite Ridley Scott („Alien“, „Blade Runner“), der seit Jahrzehnten für Hollywood arbeitet, begnügt sich nicht damit, einen Sumpf zu suggerieren, in dem die USA immer tiefer einsinken. Er zieht eine Bildebene höher einen glasklaren Überblick ein. Aufklärungsflugzeuge liefern detailscharfe Bilder von Häusern, Menschen, die in Echtzeit auf Bildschirmen der Planer und Entscheider zuhause in den USA landen. Wenn Ferris und seine Mitstreiter Angehörige eines islamistischen Terrornetzwerkes jagen, erinnert der Flugzeugblick an das Auge Gottes, das den Amerikanern einen Teil der Allwissenheit borgt. Was nicht heißen soll, dass Scott Flankenschutz für den Traum von präzisen Hightech-Schlägen liefert.
Schon in „Black Hawk Down“ hat er am Beispiel des Somalia- Debakels von der Begrenztheit militärischer Macht erzählt. Nun setzt er dem Gefechtsfeldüberblick Bilder enger Gassen, das unübersichtliche Gewimmel der Städte und die ständigen Lügenpokersitzungen der Akteure entgegen. Dieser Nahost-Krieg findet eben nicht auf offenem Schlachtfeld statt. Im Untergrundkampf kommt das Motiv des Superagenten ins Spiel. Ferris ist ein Sprach-Talent, das sich unter Arabern als Araber ausgibt, ein physisch wie geistig bestens gedrillter Einzelkämpfer, der die Terroristen aus der Deckung locken will, indem er eine virtuelle Terrororganisation entwirft.
Vom PC aus überall dabei
Ferris ist ein amerikanischer Wunschtraum, ein Vertreter der alten Weltmacht, der mit der Agilität und Energie des Jungbegeisterten handelt. In Scotts Film, der von Pietro Scalia („JFK“, „Black Hawk Down“) als aufregendes Puzzle geschnitten wurde, findet sich zu jeder These, jeder Haltung, jeder Andeutung auch der Widerspruch. Russell Crowe spielt Ferris’ Führungsoffizier Ed Hoffman, einen Strippenzieher, den die moderne Kommunikationstechnologie vom Behördenapparat befreit, der vom Handy und dem Heim-PC aus überall dabei sein kann. Das gibt ihm etwas Renegatenhaftes, aber auch einen seltsamen Zug von Gewöhnlichkeit. Crowe schenkt ihm eine unelegante Körpersprache. Sein Hoffman wirkt manchmal wie der zwielichtige Manager eines Popstars, der überlegt, wann es Zeit ist, auf einen neuen Sound und ein neues Gesicht zu setzen.
Amerika hat im Intrigenspiel Verbündete, denen es nicht trauen kann. Mark Strong („Stardust“) liefert uns den jordanischen Geheimdienstchef Hani als kaltschnäuzigen Teflonmann: Er lässt sich von der eigenen Brutalität nicht verwirren. Das sei keine Folter, das sei nur Bestrafung, sagt er angesichts eines blutig geprügelten Mannes. Dieser Hani aber ist beständig indigniert, dass man ihm nicht vertraut, und immer wieder scheinen seine Methoden der Lage vor Ort angemessen. In ihm wird die Hilflosigkeit nicht nur des Films, sondern der US-Politik deutlich. Wir sehen da die personifizierte Hoffnung, der Westen müsse bald nicht mehr die eigenen Prinzipien verletzen, weil die Drecksarbeit vor Ort von Einheimischen erledigt wird.
Krisenregionen gelenkt wird. Doch wie schon in „Black Hawk Down“ zeigt Regisseur Ridley Scott auch die Grenzen militärischer Macht.
Jetzt, sofort und ohne Widerrede habe er mitzukommen, bedeutet der Beamte der jordanischen Sicherheitskräfte dem CIA-Agenten Roger Ferris. Der lässt sich in Ridley Scotts „Der Mann, der niemals lebte“ auf das Rendezvous ein und findet sich auf einer Müllkippe wieder, wo Scheinwerfer eine kniende Gestalt vor Dreck und Plastiksäcken für die Augen düster dreinschauender Geheimdienstmänner ausleuchten. Ferris (Leonardo DiCaprio) weiß nicht, ob er eine Hinrichtung verhindern soll, ob er aufpassen muss, nicht selbst eine Pistole ins Genick gesetzt zu bekommen, oder ob das ganze nur makabres Zermürbungstheater ist.
Scotts Adaption eines Thrillers von David Ignatius heißt im Original „Body Of Lies“, Lügengebäude also. Die nächtliche Müllhalde, auf der die Verbündeten der USA sich aufführen wie die Gegner der sogenannten freien Welt in naiven Spionagereißern früherer Tage, darf man getrost als Symbol für die Politik von George W. Bush nehmen. Phasenweise erinnert „Der Mann, der niemals lebte“ mit seiner Technik fetzchenweiser Preisgabe nie ganz verlässlicher Informationen an „Syriana“ von Stephen Gaghan.
Glasklarer Überblick
Der gebürtige Brite Ridley Scott („Alien“, „Blade Runner“), der seit Jahrzehnten für Hollywood arbeitet, begnügt sich nicht damit, einen Sumpf zu suggerieren, in dem die USA immer tiefer einsinken. Er zieht eine Bildebene höher einen glasklaren Überblick ein. Aufklärungsflugzeuge liefern detailscharfe Bilder von Häusern, Menschen, die in Echtzeit auf Bildschirmen der Planer und Entscheider zuhause in den USA landen. Wenn Ferris und seine Mitstreiter Angehörige eines islamistischen Terrornetzwerkes jagen, erinnert der Flugzeugblick an das Auge Gottes, das den Amerikanern einen Teil der Allwissenheit borgt. Was nicht heißen soll, dass Scott Flankenschutz für den Traum von präzisen Hightech-Schlägen liefert.
Schon in „Black Hawk Down“ hat er am Beispiel des Somalia- Debakels von der Begrenztheit militärischer Macht erzählt. Nun setzt er dem Gefechtsfeldüberblick Bilder enger Gassen, das unübersichtliche Gewimmel der Städte und die ständigen Lügenpokersitzungen der Akteure entgegen. Dieser Nahost-Krieg findet eben nicht auf offenem Schlachtfeld statt. Im Untergrundkampf kommt das Motiv des Superagenten ins Spiel. Ferris ist ein Sprach-Talent, das sich unter Arabern als Araber ausgibt, ein physisch wie geistig bestens gedrillter Einzelkämpfer, der die Terroristen aus der Deckung locken will, indem er eine virtuelle Terrororganisation entwirft.
Vom PC aus überall dabei
Ferris ist ein amerikanischer Wunschtraum, ein Vertreter der alten Weltmacht, der mit der Agilität und Energie des Jungbegeisterten handelt. In Scotts Film, der von Pietro Scalia („JFK“, „Black Hawk Down“) als aufregendes Puzzle geschnitten wurde, findet sich zu jeder These, jeder Haltung, jeder Andeutung auch der Widerspruch. Russell Crowe spielt Ferris’ Führungsoffizier Ed Hoffman, einen Strippenzieher, den die moderne Kommunikationstechnologie vom Behördenapparat befreit, der vom Handy und dem Heim-PC aus überall dabei sein kann. Das gibt ihm etwas Renegatenhaftes, aber auch einen seltsamen Zug von Gewöhnlichkeit. Crowe schenkt ihm eine unelegante Körpersprache. Sein Hoffman wirkt manchmal wie der zwielichtige Manager eines Popstars, der überlegt, wann es Zeit ist, auf einen neuen Sound und ein neues Gesicht zu setzen.
Amerika hat im Intrigenspiel Verbündete, denen es nicht trauen kann. Mark Strong („Stardust“) liefert uns den jordanischen Geheimdienstchef Hani als kaltschnäuzigen Teflonmann: Er lässt sich von der eigenen Brutalität nicht verwirren. Das sei keine Folter, das sei nur Bestrafung, sagt er angesichts eines blutig geprügelten Mannes. Dieser Hani aber ist beständig indigniert, dass man ihm nicht vertraut, und immer wieder scheinen seine Methoden der Lage vor Ort angemessen. In ihm wird die Hilflosigkeit nicht nur des Films, sondern der US-Politik deutlich. Wir sehen da die personifizierte Hoffnung, der Westen müsse bald nicht mehr die eigenen Prinzipien verletzen, weil die Drecksarbeit vor Ort von Einheimischen erledigt wird.
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