Montag, April 14, 2008

Natochannel.tv – Ungefilterte Lobeshymnen

Das Image der Nato ist verbesserungswürdig – zu diesem Schluss ist jedenfalls das Militärbündnis gekommen. Medienstrategen haben deshalb etwas ins Leben gerufen, das auch als Propaganda bezeichnet werden kann: einen eigenen Nato-Videokanal im Internet.
"Willkommen bei Natochannel.tv - bei Natochannel können sie die neuesten Videos über die Nato und ihre Einsätze herunterladen", erfährt der Zuschauer im Begrüßungsvideo von Natochannel.tv. Seit Anfang April kann man den neuen Kanal sehen - im Internet.
Im Kern ist Nato-TV, wenn man so will, ein Propaganda-Kanal. "Von überall, wo die Nato operiert, bringt Nato-TV Ihnen die Geschichten nach Hause", erklärt eine Moderatorin. "Von Afghanistan bis Kosovo - und das nicht nur von der Front". Im Hintergrund steigen Kampfjets auf, Kampfhubschrauber fliegen über die Einöde Afghanistans.

Humanitäre Arbeit statt Stahlgewitter

Doch richtig martialisch geht es bei Nato-TV nicht zu - im Gegenteil. "Wir versuchen mehr Hilfsorganisationen einzubinden", erklärt ein Nato-Mitarbeiter in Afghanistan in einem Video. "Sehen Sie sich die zivile Arbeit genauer an: Die Nato sorgt für Sicherheit und hilft bei Wiederaufbau und Entwicklung in Zusammenarbeit mit zivilen Hilfskräften", wird dem Zuschauer erklärt, während er Bilder von Schulen und Krankenhäusern sieht. Bilder von Kampfeinsätzen gegen die Taliban sieht man nicht - die schmutzige Seite des Nato-Einsatzes in Afghanistan wird mehr oder minder ausgeblendet. Fünf Reporterteams sind im Auftrag von Nato-TV in Afghanistan unterwegs, um das nötige Material zu liefern - Bildmaterial, das Journalisten dann für eigene Beiträge nutzen können und fertige Clips mit Geschichten für jedermann, die bei Nato-TV im Internet angesehen werden können.

"Fluss an Bildern, Nachrichten und Geschichten"


"Unsere Reporter werden für einen Fluss an Bildern, Nachrichten und Geschichten sorgen - jede Woche", erklärt Nato-Sprecher James Appathurai. "Ich werde aus Afghanistan berichten - über alles von Sicherheit bis Wiederaufbau, bis hin zur Ausbildung von Frauen und über humanitäre Hilfe - um ihnen die Erfahrungen zu zeigen, die die Menschen in Afghanistan machen", erklärt einer der Nato-TV-Reporter auf Englisch.

Zum Nato-Einsatz in Afghanistan gibt es verschiedene Filme zu sehen. Dabei geht es vor allem darum zu zeigen, wie die Nato den Menschen im Alltag hilft. Ein großes Thema: die medizinische Versorgung. In einem Bericht über ein Krankenhaus erfährt der Zuschauer, dass in Afghanistan seit dem Sturz der Taliban 1500 neue Krankenhäuser entstanden seien. Eine Afghanin mit ihrem Kleinkind auf dem Arm kommt zu Wort und preist die Segnungen des neu entstandenen Gesundheitssystems: "Das ist ein sehr gutes Krankenhaus hier - ich komme immer hierher. Die Medizin ist gut und kostet nichts. Das Personal behandelt die Patienten gut und es gibt keine Bedrohung oder Krieg hier."

Mediale Aufholjagd zu den Taliban

Nato-TV ist Teil einer PR-Kampagne, mit der die Nato in Afghanistan aus der Defensive kommen will: "Die Nato ist bisher in der Steinzeit gewesen, was Video-Material betrifft", meint Nato-Sprecher Appathurai selbstironisch.

Die Taliban betreiben eine sehr geschickte Informationspolitik, in der es vor allem um eins geht: um zivile Todesopfer bei Kampfeinsätzen der Nato gegen die Taliban. Dabei wird hemmungslos übertrieben - der Nato bleibt meist nur die Möglichkeit, die Zahlen der Taliban zu bestreiten, doch ihr Image leidet. Auf Nato-TV versucht die Nato sich nun als das zu präsentieren was sie sein will: Als Garant für die Sicherheit, die vor allem eins ermöglichen soll - den zivilen Wiederaufbau.
(Quelle:tagesschau.de)

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