Garantiert abhörsicher
Gewissen Agenturen müssen die Fortschritte der Quantenphysik gefährlich vorkommen: nun zeigt ein Forscherteam, wie man auch über größere Entfernungen abhörsicher kommunizieren kann
Die Quantenwelt mit ihren dem gesunden Menschenverstand nicht zugänglichen und in der makroskopischen Welt nicht nachvollziehbaren Gesetzen ist weit mehr als skurril. Sie ist, und diese Dualität ist mal wieder ganz typisch, auf der einen Seite eine riesige Bedrohung für die Weltwirtschaft, auf der anderen Seite bietet sie aber auch die Lösung all der Probleme, die man ohne sie gar nicht hätte. Es wäre nämlich ganz und gar nicht nett, einen hübschen kleinen Quantencomputer auf dem Schreibtisch stehen zu haben: Wegen seiner Funktionsweise macht der nämlich leider jegliche konventionelle Verschlüsselung zur Farce. Wo man heute noch auf jahrelange Rechenzeiten vertraut, könnten Quantencomputer binnen kürzester Zeit elektronische Nachschlüssel anfertigen. Keinem Kommunikationskanal wäre noch zu trauen.
Es sei denn, dessen Betreiber setzt ebenfalls auf die Quantenphysik. Die Stichwörter heißen hier Quantenkommunikation beziehungsweise Quantenkryptographie. Die Technik nutzt die seit Heisenberg bekannte Unschärferelation aus: Wer sich ein Teilchen im Quantenreich gar zu genau ansieht, zerstört unwiderruflich seine Quanten-Eigenschaften. Der Empfänger der Botschaft merkt sofort, wenn jemand mitgelesen hat - das verliert deshalb seinen Sinn. Per Quantenkommunikation ausgetauschte Einmal-Schlüsselpaare können deshalb einen absolut sicheren Kommunikationskanal begründen. Warum verabredet sich Al-Quaeda dann noch nicht auf diesem Wege?Was uns derweilen rettet, ist vor allem unser Unwissen. Obwohl die Physikereliten seit Jahren daran arbeiten, haben sie die Anwendungsmöglichkeiten der Quantenphysik noch lange nicht komplett verstanden. Bei der Quantenkommunikation beschränkt uns vor allem noch die bisher maximal zu überbrückende Distanz, die in der Größenordnung von 100 Kilometern liegt. Das Problem bilden die Informationsträger, die Photonen. Mit steigender Entfernung kommen immer weniger davon am Ziel an. Wenn die Chance, gar kein Photon zu messen, ungefähr so groß ist wie die Wahrscheinlichkeit, ein Photon korrekt zu detektieren, verliert Quantenkommunikation allmählich ihren Sinn. Gewöhnliche Signalverstärker, wie man sie bei der optischen Datenübertragung einsetzt, sind hier leider nicht geeignet - sie können die Kohärenz nicht garantieren.
BDCZ und DLCZ
Schon seit 1998 kursiert deshalb die Idee der vier Forscher Briegel, Dür, Cirac und Zoller (kurz "BDCZ"), weitere Entfernungen durch das Einfügen von Quantenrepeatern zu erreichen. Dazu muss man die Quantenzustände allerdings auch für kurze Zeit speichern können - und ein solcher Mechanismus stand bisher nicht zur Verfügung. 2001 schlugen deshalb Duan, Lukin, Cirac und Zoller ("DLCZ") vor, den Quanten-Speicher und die Übertragungsstrecke in einer einzigen Apparatur zu kombinieren.
Mit dieser Herangehensweise ließen sich auch tatsächlich erste Erfolge erzielen (siehe Scott me up, Beamy: Quantenkommunikation über weite Strecken). Jedoch bedingt diese Lösung unter anderem die technisch schwierige Konstruktion eines die komplette Kommunikationsdistanz überblickenden Einzelphotonen-Interferometers.
Forscher unter anderem von der Universität Heidelberg schlagen nun in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature eine andere Lösung vor, die BDCZ und DLCZ kombiniert. Die Verschränkung über weite Strecken wird wie gewohnt über ein Photonenpaar gelöst. Das Quantengedächtnis hingegen, das die Voraussetzung für den Quantenrepeater bildet, besteht aus Wolken von Millionen Rubidium-Atomen; Gedächtnis entwickeln diese in Form spezifischer Anregungen der auf niedrigste Temperaturen heruntergekühlten Gaswolke. Tatsächlich gelingt es den Wissenschaftlern, Entfernungen zwischen drei und 150 Metern zu überwinden. Für größere Strecken, betonen sie, müsse man die Lebensdauer und die Abruf-Effizienz des Quanten-Memory noch deutlich erhöhen.(Quelle:Heise.de)
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