Montag, November 17, 2008

Irak: Abzug der US-Truppen Ende 2011

Das irakische Kabinett bestätigt das Abkommen über die amerikanischen Militärstützpunkte

Am Samstag besuchte eine Delegation wichtiger politischer Vertreter der Schiiten den wichtigsten geistlichen Vertreter der Schiiten, die graue Eminenz Großayatollah Ali as-Sistani, um seine Zustimmung zum letzten Verhandlungspapier zwischen Irak und den USA einzuholen. Sistani gab sie. Gestern stimmte das irakische Kabinett ab: 27 Minister stimmten für das Abkommen, 1 dagegen, 9 fehlten. "Rückzugsabkommen" [extern] heißt das Status of Forces Agreement (siehe [local] Abkommen über US-Militärstützpunkte im Irak) unter schiitischen Abgeordneten. Das ausgehandelte Datum für den Rückzug der amerikanischen Truppen bis Ende 2011 ist auch das dominierende Ergebnis der [extern] zähen Verhandlungen.

Volle Souveränität, Transparenz und die Unterstützung der Mehrheit für das Abkommen – so lauteten nach [extern] Angaben der New York Times Sistanis Bedingungen für seinen Segen. Was die Mehrheit angeht, sind sich die schiitischen Politiker, die von den Kurden unterstützt werden, sicher, dass das Parlament die notwendige Unterstützung für das Dokument geben wird. Die Abstimmung ist in einer Woche angesetzt. Die schiitisch-kurdische Mehrheit ist sicher, eine Formalität wird der Abstimmungssieg in Medien genannt.

Ob man mit dem Abkommen die "volle Souveränität" erlangt hat, bzw. unter Beweis stellt, wird sich besonders daran zeigen, wie der "komplette Rückzug" der US-Truppen aussehen wird. Laut Vereinbarung sollen sich die US-Truppen bis Mitte 2011 aus den Städten zurückgezogen haben, um sich bis Ende 2011 "völlig zurückzuziehen". Was das genau heißt, ob tatsächlich - schwer vorstellbar auch unter dem neuen Präsidenten – 2012 kein US-Soldat mehr auf irakischem Boden stehen wird, wer bleiben wird und wieviele, geht aus den aktuellen Meldungen zum "Abzugspapier" nicht hervor. Die Transparenz hat auch ihre (größeren) Lücken.

Ein anderer heikler Punkt der Verhandlungen zwischen den USA und Irak war die juristische Zuständigkeit für Verbrechen, die von amerikanischen Soldaten bzw. privaten Sicherheitskräften im Dienst der USA begangen werden. Offenbar hat man sich darauf [extern] geeinigt, dass kriminelle Akte, die von US-Soldaten und Private Contractors "außerhalb der Militärbasen" und "außerhalb des Dienstes" begangen wurden, Angelegenheit der irakischen Justiz sind.

Betont wird von irakischer Seite, dass man in einem anderen essentiellen Punkt klare Zusagen der Amerikaner bekommen habe: Es wurde vereinbart, dass von irakischen Boden aus keinerlei Angriff auf Nachbarstaaten erfolgen dürfe. Operationen, wie sie die US-Armee kürzlich gegen Syrien durchgeführt hat, wären demnach künftig untersagt. Wie glaubwürdig das ist, wird sich zeigen. Der Nachbar Iran wird sich deshalb nicht sicherer fühlen, es sei denn die amerikanische Politik ändert sich unter dem neuen Präsidenten derart, dass zwischen Iran und USA neues Vertrauen entsteht. Einstweilen bleibt man in Teheran dem neuen Abkommen gegenüber skeptisch.

Eine Haltung, die nach Medienberichten auch die Sunniten in ihrer Mehrheit einnehmen. Die einzige Minister-Gegenstimme zur Vereinbarung stammt von einem Sunniten und ein größerer Teil der abwesenden Minister waren ebenfalls Sunniten. Beobachter glauben hier nicht an einen Zufall und bewerten die sunnitische Haltung als Abwarten, das mit der Hoffung auf gute Deals in eigener Sache verbunden ist. Wie es heißt, ist der größte sunnitische Block im Parlament uneins, ein Viertel scheint nach Informationen der New York Times sich für das Abkommen auszusprechen; während sich Führung der Iraqi Islamic Party für ein nationales Referendum in der Frage stark macht.

Klare ablehnende Worte kommen von Muktada as-Sadr, der einen sofortigen Rückzug der amerikanischen Truppen verlangt, er drohte sogar damit, seine Miliz dagegen zu mobilisieren.

Das Abkommen kam nach beinahe einem Jahr Verhandlungen zustande. Immer wieder, wie kürzlich noch Ende Oktober, hieß es, dass das Abkommen [extern] scheitern könnte. Wie von vielen Seiten erwähnt wird, hat die Wahl Obamas möglicherweise einen Wandel beflügelt. Wie weit er trägt, wird man sehen.

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