Freitag, September 19, 2008

Neue Forschungsprojekte zum Schutz gegen Terror-Angriffe

Mit einer Auftaktveranstaltung aller Beteiligten hat das Bundesforschungsministerium (BMBF) am gestrigen Mittwoch in Düsseldorf die Innovationsplattform "Schutz von Verkehrsinfrastrukturen" (PDF-Datei) gestartet. Insgesamt neun Verbundprojekte sollen darüber forschen, wie der Verkehr auf dem Land, im Wasser und in der Luft gegen terroristische Bedrohungen abgesichert werden kann. Die Projekte werden vom Staat mit 33,5 Millionen Euro gefördert, die Privatwirtschaft steuert 14,3 Millionen bei. Im Zentrum aller Forschungsprojekte steht die Verbesserung der Detektion und Simulation asynchroner Gefahrenlagen. Neue Sensoren, verbesserte Überwachungstechnologien und bessere Computerprogramme zur Steuerung der Maßnahmen im Fall einer Katastrophe sollen in spätestens drei Jahren zur Verfügung stehen.
Wie Christine Thomas, Referatsleiterin Sicherheitsforschung im BMBF, betonte, ist Sicherheit ein Wachstumsmarkt mit großen Exportchancen. Er sei für viele Unternehmen deshalb interessant, weil 80 Prozent der sicherheitsrelevanten Infrastruktur heute in privater Hand sind. Als Vertreter des industriellen Beirats der neuen Innovationsplattform schilderte Volker Zintel, Generalbevollmächtigter der Fraport AG, wie der Flughafen Frankfurt bei weiter steigendem Passagieraufkommen leidet. Mit 90.000 Sicherheitschecks und 25.000 Kontrollen des Flughafenpersonals und seiner Fahrzeuge sei man bald am Maximum angelangt. Nur mit schnelleren, möglichst automatisierten Kontrollen sei weiteres Wachstum möglich.
Mit dem Verbundprojekt "Criticals Parts" unter der Federführung des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) wird ein Vorhaben gestartet, das den Vorstellungen Zintels entspricht. Mit Critical Parts sind die Flughafenmitarbeiter und ihre Fahrzeuge gemeint, die täglich mehrfach durch die Kontrollen müssen. Diese Mehrfachkontrollen sollen verbessert und um neue Detektionsmethoden erweitert werden, weil insbesondere die Kontrolle der mitgeführten Nahrungsmittel auf wenig Akzeptanz stößt. Ein weiteres Verbundprojekt namens "FluSs" soll ein neues Flughafen-Sicherungssystem entwickeln. Unter Federführung von ECAD, einem Tochterunternehmen der Fraport AG und der TU Darmstadt sollen die jeweils neuesten Verfahren der Sensor-, Durchleuchtungs- und ID-Technologie sowie intelligente Systeme zur Bewegungs- und Mustererkennung getestet und in ein umfassendes Sicherheitssytem eingebaut werden. Getestet wird im kleinen Maßstab am Flughafen Erlangen, doch der geplante Einsatzort ist der Flughafen Frankfurt. Mit 9 Millionen Euro ist FluSs eines der größeren Vorhaben, darum wird auch die "Synergie mit Rail-Projekten" getestet, die Umsetzbarkeit der intelligenten Sicherheitstechnik auf Bahnhof-Anlagen.
Unter Mitarbeit des Bundeskriminalamtes (BKA) und des bayerischen LKA betreut die Firma EADS das Verbundprojekt "SiVe" (Sicherheit von Verkehrsinfrastrukturen), das am Flughafen München einen "Demonstrator" entwickelt. Hier werden intelligente Videokameras und Videobild-Auswertungssysteme getestet, die statische (herrenlose Koffer) und dynamische Anomalien (auffälliges Verhalten, Vandalismus) automatisch finden und in einer 3D-Rekonstruktion anzeigen sollen.
VESPER kling appetitanregend, ist aber nur das Kürzel für "Verbesserung der Sicherheit von Personen in der Fährschifffahrt". Unter Federführung der Wehrforscher vom FGAN-Institut FKIE werden Detektionssysteme untersucht, welche die Sicherheit von Roll-On/Roll-Off-Schiffen verbessern können, ohne Staus und Wartezeiten zu verursachen. Denn der Zugang auf die Schiffe ist derzeit trotz der Einführung des ISPS-Codes alles andere als sicher. Prototypisch soll ein Assistenzsystem für das Sicherheitspersonal konstruiert werden, das im Gegensatz zu den am Markt angebotenen Vereinzelungsschleusen einen größeren Personenstrom bewältigen kann. Als einziges der neun Verbundprojekte der Innovationsplattform ist VESPER als Dual-Use-Forschung ausgelegt und hat seine militärische Entsprechung im DAT-Programm der NATO, bei dem vor wenigen Tagen in Eckernförde die Sicherheit von maritimen Militäranlagen getestet wurde.
Mit SKRIBT konnten die Teilnehmer der Auftaktveranstaltung gleich das nächste Akronym lernen. Das Verbundprojekt "Schutz kritischer Brücken und Tunnel" ist mit 7 Millionen Euro dotiert und startete bereits im März. Neben der Erprobung neuer Detektionstechnologien an konkreten Bauwerken werden veränderte Betriebsabläufe für den Ernstfall untersucht. Unter Federführung des Bundesamts für Straßenwesen werden auch psychologische Untersuchungen absolviert, weil das menschliche Verhalten insbesondere in Tunneln noch wenig erforscht ist. An SKRIBT schließt sich AISIS (Automatisierte Informationsgewinnung und Schutz kritischer Infrastruktur im Katastrophenfall) an. Bei diesem von der Ed. Züblin AG geleiteten Projekt geht es um die Entwicklung energieautarker Funksensoren, die Daten auch bei Tunnelexplosionen oder -bränden übertragen können. Außerdem wird die Herstellung von neuen Tübbings (Tunnel-Fertigteilen) mit Hochleistungsbeton und energieabsorbierenden Verbindungsteilen erforscht.
ORGAMIR, die "Organisationsübergreifende Gefahrenabwehr zum Schutz von Menschen und kritischen Infrastrukturen durch optimierte Prävention und Reaktion" ist das einzige Verbundprojekt, das sich mit dem "Nachher" befasst. Unter Federführung der Universität Paderborn werden Alarm- und Kommandosysteme entwickelt, mit denen Rettungskräfte bei einem Anschlag auf eine U-Bahn besser handeln können. Als Projektziel wird eine intelligente Leitstelle angegeben, die gekoppelt mit einer Stoff-Datenbank und Messwerten aus der Tunnel-Klimatologie Informationsverdichtung betreibt und die Einsätze koordiniert. Ähnlich ist das Verbundprojekt VeRSiert angelegt, in dem die Erfahrungen aus dem Papstbesuch am Weltjugendtag fortgeschrieben werden. Das Projektkürzel steht für die "Vernetzung von Nahverkehrsgesellschaften, Einsatzkräften, Veranstaltern und Fahrgästen für Sicherheit im Öffentlichen Personennahverkehr bei Großveranstaltungen". Unter Federführung des Nahverkehrs Rheinland wird ein digitales Planungs- und Arbeitshandbuch in PDA-Form entwickelt, dass die beiden größten Problemen bei Großveranstaltungen bekämpfen soll: Kunden ohne Ortskenntnisse treffen dabei auf private Sicherheitsdienste, die ungenügend ausgebildet sind. Zusätzlich soll der Einsatz intelligenter Videoanalyse untersucht werden, die kritische Zusammenballungen auf einer Großveranstaltung erkennen soll.
Zum Schluss der Auftaktveranstaltung präsentierte sich mit SinoVE (Sicherheit in offenen Verkehrssystemen Eisenbahn) ein 9 Millionen Euro schweres Verbundprojekt, dass direkt aus einem (allerdings gescheiterten) Terroranschlag abgeleitet ist. Gemeint ist der Fall der sogenannten "Kofferbomber" vom Sommer 2006. Das unter der Federführung der DB Kommunikationstechnik laufende Projekt soll ein szenariobasiertes Simulationssystem entwickeln, in dem neben den Zugführungsdaten und Fahrplänen auch Live-Daten von Sensoren und Überwachungskameras integriert sind. Von diesem intelligenten Systemmanagement möchte man zu einer ereignisbasierten Steuerung kommen, etwa indem ein zurückgelassener Koffer zur automatischen Sperrung von Gleisen oder Bahnsteigen führt. Was die Sicherheitszentrale aufzeichnet und prognostiziert, wird in einem Teilprojekt namens "Entwicklung datenschutzrechtlicher Rahmenbedingungen" juristisch untersucht. Wie Projektleiter Jörg Rohde ausführte, müsse bei einer derart ausgefeilten Überwachungstechnik die Wahrung der Sicherheitsbedürfnisse der Reisenden auch die Sicherung der Persönlichkeitsrechte des Einzelnen berücksichtigen.(Quelle:Heise.de)

Labels:

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite