» Großer Rauschangriff «
Der Bundesnachrichtendienst lässt zurzeit kein Fettnäpfchen aus: Nicht einmal mehr ihre Mikrofone haben die Schlapphüte noch im Griff.
Dirk Kühnau spricht, aber zu verstehen ist nur ein Krächzen und ein Rauschen. Die Lautsprecher vom Typ Opera Modular 412 verschlucken die Worte des Festredners. Ausgerechnet bei der Grundsteinlegung für die neue Geheimdienstzentrale in Berlin klingen die Ansprachen, als hätte der BND sie mit einem Babyfon aufgenommen und per Satellitentelefon einmal um die Welt geschickt.
Nach Kühnau, dem Immobilienchef des Bundes, ist Kanzleramtsminister Thomas de Maizière an der Reihe. Der CDU-Mann versucht es sicherheitshalber mit einem Handmikrofon, aber auch er ist nur mit Mühe zu verstehen. Beim Klopfen auf den Grundstein zum Abschluss der Zeremonie wird de Maizière später spotten: "Ich wünsche dem BND Pannen mit dem Mikrofon nur bei der Grundsteinlegung und nicht bei der Arbeit."
Der peinliche Festakt gestern passt ins Bild, das der Bundesnachrichtendienst in jüngster Zeit bietet. Auch beim täglichen Schaffen sind dem BND zuletzt ja einige Pannen unterlaufen, das wissen die Besucher der weitläufigen Baustelle. Eine "Spiegel"-Journalistin wurde gegen die Vorschriften und ohne Wissen der BND-Spitze bespitzelt. Ans Licht kam die Angelegenheit nur, weil die Schlapphüte sich gegenseitig verpetzten. Das Kanzleramt ordnete personelle Konsequenzen an, BND-Chef Ernst Uhrlau entging nur knapp der Entlassung.
In der alten BND-Zentrale im Münchner Vorort Pullach hat sich ein schwer kontrollierbares Eigenleben entwickelt, das der Umzug in die Berliner Chausseestraße nun beenden soll. De Maizière weiß das und spricht die Probleme der Politik mit dem Auslandsgeheimdienst an diesem Tag ziemlich unverblümt an: "Wir müssen das Reformwerk auf der Baustelle BND fortsetzen und dürfen uns dabei nicht vom Weg abbringen lassen", sagt der oberste BND-Aufseher der Bundesregierung. Der neue Gebäudekomplex - die größte Baustelle des Bundes in Nachkriegsdeutschland - solle die Kommunikation innerhalb des Geheimdiensts nun verbessern.
BND-Präsident Uhrlau geht sogar noch einen Schritt weiter und wirft den eigenen Leuten durch die Blume vor, dem Denken des Kalten Krieges verhaftet zu sein. Durch den Umzug in die Hauptstadt werde "erkennbar und dauerhaft dokumentiert, dass für den BND mit dem Ende der bipolaren Ära eine neue Phase begonnen hat". Das klingt, als sei die Mauer erst vor Kurzem gefallen und nicht schon vor fast zwei Jahrzehnten. Ganz in der Nähe der früheren Grenze, wo früher das DDR-"Stadion der Weltjugend" stand, soll ab 2013 eine neue Generation von Agenten und Analysten sitzen und ihren Auftraggebern in Regierung und Parlament Bericht erstatten. Dorthin sind es nur ein paar Minuten zu Fuß, falls es mit der Technik immer noch hapert.
(Quelle:Financial-Times.de)
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