Ein Kinderschänder in der "Bombay-Lounge"
Der Sekten-Guru und wegen Kindesmissbrauchs gesuchte Oliver Shanti ist auf der World-Tour-Kompilation-CD des Spiegel vertreten.
Mit steigender Verfügbarkeit und zunehmender Unübersichtlichkeit von Musik ist bei den Konsumenten das Bedürfnis nach einer Orientierungshilfe im Sinne eines Kanons aufgekommen und ein riesiger neuer Markt entstanden. Und je exotischer die Musik, umso unbedarfter wird diese vorgegebene Unterweisung hingenommen. Um also zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, braucht es nur eine Plattenfirma auf der Suche nach alternativen Einnahmequellen und eine angesehene Zeitschrift, welche bereit ist, dem Zug zur weiteren
Verschwanitzisierung der Welt aufzusitzen.
So lädt der Allerdings ist diese bunte Mischung möglicherweise doch etwas zu bunt geraten. Denn neben den Liedern verdienter Künstler ist auch das Kleinod "Indian Ceremony" von Oliver Shanti & Friends auf die Zusammenstellung geraten. Dies ist gleich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Erstens hatte der geschäftstüchtige Esoterikmusikproduzent Oliver Shanti (bürgerlicher Name: Ulrich Schulz) vor Jahren dafür gesorgt, dass seine Erzeugnisse in Drogeriemärkten als Kassenware angeboten wurden und war somit über lange Zeit hinweg für gesteigertes ästhetisches Unbehagen an den hiesigen Warteschlangen verantwortlich. Zweitens ist das Geschäftsgebaren des umtriebige
Obwohl er
Drittens ist Oliver Shanti gar nicht mal für die Erzeugung von Harmonien des indischen Subkontinents bekannt, sondern für musikalische Ausflüge in das Reich der Apachen und Komanchen berüchtigt. So ist es durchaus möglich, dass sich mit "Indian Ceremony" nicht eine indische, sondern eine indianische Kulturweise auf leisen Mokassins in das globale Dorf der Spiegel-Weltmusik geschlichen hat. Zumindest ziert auf
Auch die hiesigen Kundenrezensionen erwecken eher Assoziationen an typisch westliche Möchtegern-Schamanen, die an der falschen psychedelischen Wurzel geknabbert und gerade ihr Herz für die in die native americans hineinprojezierte Naturmystik entdeckt haben, als an indische Lounge-Klänge für den musikalischen Globetrotter: "So hören wir Songs wie "Indian Ceremony", "Heya Heya" oder "We Could Have Been Brothers". Sie vermitteln das passende Bild. Ein weiter, weißbewölkter Himmel über staubiger Steppe, rote bizarre Felsgruppen. Das sorgt sowohl für Melancholie, als auch für Fernweh... Der Rhythmus dieser Musik wird in dir schlagen und dich tragen mit den Flügeln des Adlers." "Man hat wirklich das Gefühl über der Prärie als Adler zu schweben." – In der Tat ist die "Indian Ceremony" ein lupenrein verrockter Indianertanz.
Viertens allerdings, und hier hört der Spaß endgültig auf, ist Oliver Shanti einer der
Es zeugt also nicht nur von einer ungeheuerlichen Arroganz gegenüber anderer Kulturkreisen, wenn auf einer Kompilation indischer Musik ausgerechnet seichte Esoterik-Mucke von Oliver Shanti enthalten ist, sondern auch von einer sensationellen Schlamperei bei dessen Zusammenstellung: Diese offenbart, wie wenig Wert jenseits des Reibachs man dem Riesenprojekt beimisst, dem Käufer einen Einblick in die Musik anderer Erdteile zu geben: Jede CD strotzt vor musikalischen Stereotypen, welche mehr die Erwartungshaltung von Esoterik-Narren bestätigt als einen Eindruck von den realen musikalischen Traditionen des betreffenden Landes zu vermitteln.
Anstatt mit musikalischen Klischees und konvenierenden Hörgewohnheiten zumindest ansatzweise zu brechen, wird jener Akustik-Schleim serviert, der einem in jeder Buddha-Bar in die Ohren tropft. Aber vielleicht handelt es sich ja um eine besonders schlaue Finte des Hamburger Nachrichtenmagazins handelt, das anhand der Zahlung der Tantiemen auf die Spur des Verbrechers gelangen will. In diesem Fall darf man auf weitere brisante Enthüllungen während der World Tour des KulturSpiegel gespannt sein.(Quelle:Heise.de)
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