Montag, März 03, 2008

Vista-Neustart nach Fehlstart

Die Macken des Betriebssystems Windows Vista nerven Privatkunden und verschrecken professionelle Nutzer. Mit einem großen Update will Microsoft Abhilfe schaffen - Experten winken jetzt schon ab.

Lange hat Steve Ballmer die Computermesse gemieden. Im Jahr 2005 gab es gar Irritationen, ob der Microsoft-Konzern noch an der Cebit teilnehmen würde - am Ende lässt der Manager aber doch Standpersonal auf der darbenden Branchenschau postieren. Nun ist der Chef des Softwarekonzerns wieder da - und zwar höchstpersönlich. Während die Cebit mit abgespecktem Konzept versuchen will, an alte Erfolge anzuknüpfen, hat sich Ballmer mit einer Grundsatzrede angekündigt, die Anfang kommender Woche in Hannover gehalten werden soll. Ein Thema dürfte das aktualisierte Server-Betriebssystem Windows Server 2008 sein, das der Konzern am Mittwoch präsentiert - vielleicht die wichtigste Microsoft-Produkteinführung in diesem Jahr.
Die sollte sitzen, denn die neueste Version des Microsoft-Kernprodukts - Windows für gewöhnliche PC - kommt immer noch nicht auf Touren. An der Vista-Absatzschwäche dürfte auch die erste große Aktualisierung des seit einem Jahr erhältlichen Betriebssystems wenig ändern. Der US-Softwarekonzern nennt das Vista Service Pack 1 (SP1), das ab Mitte März offiziell verfügbar sein wird, zwar einen "sehr wichtigen Meilenstein", Experten bezweifeln das allerdings. "Die meisten Unternehmen warten mit der Vista-Einführung, und daran wird sich auch mit dieser Aktualisierung kaum was ändern", sagt Analyst Roger Kay vom US-Marktforscher Endpoint Technologies. "Gesamt gesehen verbessert sich die Leistung von Vista selbst mit SP1 kaum."
Das meint auch die Fachzeitschrift "ct". Benutzer von Windows Vista sollten die im Netz kursierende Version des SP1 noch nicht herunterladen. Bislang würden den Vorteilen zu viele Nachteile entgegenstehen.
Der viel beachtete IT-Experte des "Wall Street Journal", Walt Mossberg, schrieb kürzlich, dass Vista SP1 für die "meisten Verbraucher ein Non-Event" sein werde. Die Aktualisierung behebe die "ärgerlichsten Mängel von Vista einschließlich langsamer PC-Starts und Neustarts nicht".
Dabei soll das Update Vistas Leistungsfähigkeit steigern, die Zuverlässigkeit erhöhen und die Kompatibilität mit Softwareanwendungen anderer Hersteller verbessern. So jedenfalls die offizielle Lesart. Zusammen mit dem vorherrschenden Büropaket Office ist Windows die größte Einnahmequelle für Microsoft. Windows Vista, das Microsoft ohnehin zwei Jahre später als geplant eingeführt hatte, ist nicht nur für die eigene Umsatzentwicklung relevant, sondern für die der gesamten Technologiebranche.
Vor allem PC-Hersteller hoffen, dass die Kunden Vista zum Anlass für den Kauf neuer Computer nehmen - bislang vergebens. Als erster großer PC-Hersteller hatte Acer den Erfolg von Vista infrage gestellt. Noch nie zuvor habe eine neue Windows-Version den Absatz von Computern derart wenig angekurbelt wie Vista, hatte Acer-Präsident Gianfranco Lanci schon Mitte 2007 gesagt. "Ich denke wirklich nicht, dass sich jemand wegen Vista einen neuen PC kauft." Geschäftskunden würden die Vorgängerversion XP bevorzugen, so Lanci.
Microsoft hat bislang mehr als 100 Millionen Vista-Lizenzen verkauft, teilte der Konzern Ende Januar mit. Im vierten Quartal 2007 seien die Käufer vor allem Privatanwender gewesen, räumte das Management ein. Analyst Kay glaubt, dass fast alle Lizenzen bislang an Privatkunden und sehr kleine Unternehmen gingen: "Wenn man die Verkäufe an Verbraucher, die Vista automatisch mit dem Kauf eines neuen Rechners erstehen, von den 100 Millionen verkauften Lizenzen abzieht, bleibt wenig übrig." Der Experte befindet: "Die IT-Leute in Unternehmen warten lieber ab, bis Vista stabilisiert ist."
Die Vista-Einführung sei in den ersten sechs bis neun Monaten bestenfalls verhalten verlaufen, schreibt auch Benjamin Gray vom Marktforschungsinstitut Forrester. Bislang hätten nur zwei Prozent der Unternehmen auf Vista aufgerüstet. Bis Ende 2008 werden laut Forrester erst 32 Prozent der Unternehmen mit dem Wechsel zu Vista begonnen haben. Satte 58 Prozent werden sogar bis Ende 2010 noch nicht auf Vista umgestiegen sein.
Vielleicht sollte Ballmer die Cebit-Keynote doch für mehr Vista-Werbung nutzen. Die Einsicht ist immerhin da. "Wir müssen mehr denn je in das Interesse an Windows investieren", hatte der Konzernlenker Anfang Februar bei einem Treffen mit Wall-Street-Analysten gesagt.

Labels:

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite