Dienstag, Oktober 07, 2008

NS-Kriegsverbrecherprozess wegen 14-fachen Mordes begonnen

München (AFP) — Vor dem Landgericht München I hat der Prozess gegen einen mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 90-jährigen Josef Sch. 14-fachen Mord in Tateinheit mit versuchtem Mord vor. Er soll Ende Juni 1944 im italienischen Falzano di Cortona den Befehl zu zwei Vergeltungsaktionen für einen Partisanenangriff gegeben haben. Dabei sollen deutsche Soldaten zunächst drei Männer und eine Frau erschossen haben. Anschließend sollen sie elf weitere Italiener in eine Scheune eingesperrt und die Scheune in die Luft gesprengt haben.
Dabei kamen zehn Männer im Alter von 16 bis 66 Jahren ums Leben. Lediglich ein 15-Jähriger überlebte, er gilt als wichtiger Zeuge in dem Prozess. In einer von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung bestritt Sch. "voll umfänglich die in der Anklage gemachten Vorwürfe". Er habe keinen Befehl zur Erschießung und zur Sprengung eines Hauses gegeben. Nach Angaben der Verteidiger des nicht in Untersuchungshaft sitzenden Mannes aus Ottobrunn bei München befand dieser sich zur Tatzeit nicht am Tatort. Die Anklage stütze sich lediglich auf Vermutungen. Die Staatsanwaltschaft führe keinen einzigen Augen- und Ohrenzeugen auf, der die Anwesenheit von Sch. belegen könne.
Sch. lebte nach Kriegsende unbehelligt in Ottobrunn. Dort saß er über Jahrzehnte im Gemeinderat, die Gemeinde verlieh ihm erst vor wenigen Jahren eine Auszeichnung für sein Engagement. Die Vorwürfe gegen Sch. waren erst durch den Fund neuer Akten in den 90er Jahren ans Licht gekommen. Ein italienisches Gericht verurteilte ihn im Jahr 2006 wegen der Vorwürfe in Abwesenheit zu lebenslanger Haft. Trotz der Anklage in München blieb Sch. bislang auf freiem Fuß. Die Staatsanwaltschaft begründet dies damit, dass keine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr besteht.
Der 90-jährige Sch. machte zum Prozessauftakt einen körperlich fitten Eindruck. Wegen Hörproblemen verfolgte er die Verhandlung über Kopfhörer. Einer seiner beiden Verteidiger kündigte an, wegen des schlechten Gehörs im weiteren Prozessverlauf womöglich Verhandlungsunfähigkeit zu beantragen. Außerdem bezweifelte er, dass dieser wegen seines hohen Alters mental überhaupt in der Lage ist, dem Verfahren zu folgen. Einen Antrag zur Verhandlungsunfähigkeit stellte der Verteidiger aber nicht. (Quelle:Heise.de)

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