Dienstag, Oktober 07, 2008

Frankreich schlägt europäische Root für "das Internet der Dinge" vor

Die EU soll sich eine eigene Root für das künftige Internet der Dinge zulegen. Dafür warb heute beim Ministertreffen zur Zukunft des Internet in Nizza die französische Regierung. Zusammen mit Orange wurde vom französischen Ableger von GS1 vor einiger Zeit eine eigene Registry für Objekte gestartet, als Alternative zu dem bereits seit Jahren von VeriSign betriebenen Object Naming System (ONS) von EPC Global. EPC Global gehört zu GS1 Global. GS1 France hat seine französische Initative inzwischen in ein europäisches Projekt umgewandelt. Die neuen Registries sollen als Basis-Infrastruktur für die mit Netzadressen versehenen Objekte dienen, die dort eingetragen, beziehungsweise auf ihre Herkunft hin abgefragt werden können.
Technisch unterscheidet sich die aktuelle GS1 EU ONS-Registry bislang nicht von der bisherigen US ONS-Registry, in der Unternehmen ihren zentralen Produktcode eintragen. Beide basieren auf dem guten alten Domain Name System. Die französisch-europäische Variante hat sich allerdings eine andere Registry gesucht und läuft unter der Domain .eu statt unter .com. Mit den in der französischen Regierung kursierenden Überlegungen, die europäische ONS-Root komplett aus dem klassischen Domain Name System herauszulösen und praktisch als alternative Rootzone zu lancieren, habe man bei GS1 nichts zu tun, heißt es dort.
"Es geht nicht darum, einen sinnlosen Konflikt mit den USA oder ICANN anzuzetteln", sagte auf der anderen Seite der französische Staatssekretär für Zukunftsfragen, Evaluierung der öffentlichen Politik und die Entwicklung der digitalen Wirtschaft beim Premierminister, Eric Besson, auf Anfrage von heise online. "Wir haben bereits gesagt, dass wir kein Problem mit der aktuellen Internetverwaltung haben", erklärte Besson mit Blick auf die US-Ansprüche bei der DNS-Verwaltung. Aber für das Internet der Zukunft bedürfe es jeweils von den Regionen verwaltete eigene Zonen, so Besson.
Genau darüber wolle man mit den europäischen Ministerkollegen sprechen, verdeutlicht Besson. Die EU-Kommission arbeitet aktuell gleich an zwei Empfehlungen. Im Januar soll eine Empfehlung zu RFID veröffentlicht werden, sagte Medienkommissaring Viviane Reding. Zusätzlich bereitet die Kommission für Anfang 2009 eine Mitteilung zum Internet der Dinge vor, für die aktuell noch Stellungnahmen abgegeben werden können.
"Wir wollen, dass das auf unsere Weise gemacht wird", sagte Reding bei einer Pressekonferenz zu den neuen Entwicklungen im Netz. Man wolle europäische Werte schon bei der Schaffung der Infrastrukturen verankert wissen, so die Kommissarin. Immerhin würden die neuen Anwendungen, die Experten in Bereichen wie Logistik, Verkehr oder Medizin sehen, enormen wirtschaftlichen Einfluss haben. Mit Blick auf den Datenschutz unterstrichen Reding und Besson, dass etwa ein Patient sich per Chip vom Doktor überwachen lassen könne, er aber auch in der Lage sein müsse, diesen abzustellen, wenn er nicht mehr überwacht werden wolle.
Das Internet der Dinge sei noch aber eine Vision, sagte Edgar Fleisch, Professor von der ETH. Statt sich in Fragen zur Kontrolle über die Registries zu verzetteln, solle man stärker auf die Gestaltung der Discovery-Dienste achten. Diese Dienste, die mit Tags versehene Objekte oder auch intelligente Maschinen entdecken und deren Informationen auslesen können, sind seiner Meinung nach wesentlich mächtiger. "Eine Festung Europa wäre bei RFID gerade falsch", mahnte Fleisch mit Blick auf die französische Initiative an.
Passend zur Konferenz in Nizza legte dagegen Afilias ein White Paper (PDF-Datei) vor, in dem sich das Registrarkonsortium mit einem Vorschlag zu einem verteilten Rootsystem für das künftige ONS ins Spiel bringt. Man wolle damit eine Antwort auf die Bedenken hinsichtlich einer zentralisierten Lösung geben, heißt es in einer Pressemitteilung. Afilias schlägt zugleich einen Discovery-Dienst für ein verteiltes System vor. Der Vorschlag kommt zur besten Zeit, denn der Vertrag von EPC Global mit VeriSign läuft demnächst aus.(Quelle:heise.de)

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