Donnerstag, September 25, 2008

Schlechte Arbeitsbedingungen in Handyfabriken

Zurzeit stellen chinesische Fabriken rund die Hälfte der weltweit jährlich hergestellten Handys her – rund 500 Millionen Stück. Die Arbeitsbedingungen entsprechen jedoch häufig weder nationalen noch internationalen Regeln, wie eine von MakeITFair veröffentlichte Studie (PDF-Datei) mit dem Titel "Silenced to deliver" zeigt. Sie untersuchte die Verhältnisse in vier chinesischen und zwei philippinischen Produktionsstätten, die Teile für Nokia, Samsung, Motorola, LG und Sony-Ericsson herstellen. Diese fünf Firmen haben zusammen einen Anteil von 80 Prozent am weltweiten Handymarkt. Eine der chinesischen Fabriken stellt außerdem Kamerakomponenten für Apple her.
Zwar erhalten die Arbeiterinnen und Arbeiter häufig die jeweiligen Mindestlöhne. Diese reichen jedoch kaum zum Leben, urteilen die Autoren der Studie. So liege der monatliche Mindestlohn in einer der Exportzonen auf den Philippinen bei 120 Euro pro Monat, eine Familie benötige jedoch 320 Euro. Eine Fabrik senkt ihre Lohnkosten durch Beschäftigung von Lehrlingen, denen sie nur drei Viertel des Mindestlohnes zahlt.
Eine Folge der Niedriglöhne seien von vielen Beschäftigten "freiwillig" geleistete Überstunden. Dadurch ergäben sich Arbeitszeiten von 80 Wochenstunden in den Spitzenzeiten der Produktion. Die untersuchten chinesischen Unternehmen hätten ausnahmslos die im Arbeitsgesetz festgelegte Obergrenze von 36 monatlichen Überstunden überschritten. In einer philippinischen Fabrik habe ein Lehrling monatelang über 60 Wochenstunden gearbeitet – an jeweils 25 Tagen in der Tag-, gefolgt von 25 Tagen Nachtschicht.
Strafzahlungen verminderten die ohnehin niedrigen Löhne weiter. So müssten die Arbeiter einerseits während der Spitzenzeiten bis zu 13 Stunden täglich und sechs Tage pro Woche arbeiten, andererseits jedoch Einbußen hinnehmen, wenn sie am Arbeitsplatz einschlafen.
Auch die Gesundheitsbedingungen entsprächen häufig nicht den nationalen und internationalen Vorschriften, etwa wenn ohne Schutzkleidung mit Chemikalien gearbeitet wird. Dies liegt nach Ansicht der Autoren nicht immer an fehlendem Material, sondern an dem hohen Arbeitsdruck: Wer die vorhandenen Arbeitsschutzmittel benutze, könne die geforderte Leistung nicht bringen.
Sowohl die Produktionsbetriebe als auch ihre Auftraggeber bekamen die Gelegenheit, sich zu den Ergebnissen der Studie zu äußern, keine der Fabriken mochte jedoch über die gezahlten Löhne sprechen. Andere Kritikpunkte wie Strafzahlungen bezeichneten sie als "Missverständnisse" oder behaupteten, sie inzwischen abgestellt zu haben. In Gesprächen mit Arbeitern will MakeITfair jedoch festgestellt haben, dass sie weiterhin bestehen.
Die beiden koreanischen Handyfirmen LG und Samsung verweigerten jeden Kommentar. Die anderen Unternehmen wollen die Arbeitsbedingungen bei ihren Zulieferern kontrollieren und setzen dazu in der Regel auf die Prüfung durch unabhängige Dritte. Sony-Ericsson verzichtet jedoch auf solche "Audits", da sie eine "schwierige Situation" schüfen, denn die untersuchte Firma versuche in der Regel, Probleme vor dem Kontrolleur zu verbergen. Über das Lohnniveau spricht Sony-Ericsson jedoch nicht mit seinen Zulieferern, wenn es den nationalen Gesetzen entspricht. Apple will die Ergebnisse der Studie zwar "ernst nehmen", habe aber noch keine Maßnahmen ergriffen.
MakeITFair ist ein von der EU finanziertes Projekt, das vor allem Jugendliche und junge Erwachsene auf die Produktionsbedingungen der von ihnen benutzte Unterhaltungselektronik aufmerksam machen will. Beteiligt sind sowohl europäische Organisationen wie die niederländische Somo und Germanwatch aus Deutschland als auch Sacom in Hongkong und Cividep in Indien.(Quelle:heise.de)

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