Peru als Prüfstein für "One Laptop per Child"
In Peru läuft der erste große Rollout des Projektes One Laptop per Child (OLPC) an. Technology-Review-Reporter David Talbot berichtet in der aktuellen Ausgabe von TR (Ausgabe 06/2008, seit dem 21. 5. am Kiosk oder portokostenfrei online zu bestellen) von den ersten Erfahrungen vor Ort.
Peru steht kurz davor, im Rahmen des Programms "One Laptop per Child" (OLPC) 486.500 Laptops an seine ärmsten kleinen Bürger zu verteilen. Werden die Geräte an die Kinder in den Slums von Lima gehen? "Nein", sagt Oscar Becerra, Direktor für Bildungstechnologien des Landes, "sie sind nicht arm genug." Das klingt wie ein geschmackloser Scherz, aber tatsächlich erklärte Becerra dann, dass die Einwohner von Lima normalerweise elektrischen Strom und zumindest theoretisch Zugang zu städtischen Diensten und sogar Internetcafés haben. Die Laptops gehen deshalb an 9000 winzige Schulen in abgelegenen Gegenden wie Huancavelica in den Anden, zwölf lange Busstunden entfernt von der Hauptstadt, oder Dörfer wie Tutumberos in der Amazonas-Region, mehrere Tagesreisen entfernt.
Perus Schritt kommt zu einem kritischen Zeitpunkt für das Projekt OLPC, denn das gemeinnützige Projekt hat seine Ziele bezüglich Produktionsmengen und Preis verfehlt (s. TR 1/07). "Wir werden die Produktion nicht starten, bevor wir fünf bis zehn Millionen Bestellungen haben", hatte Nicholas Negroponte, früherer Leiter des MIT Media Lab und Initiator des Projekts, noch im Februar 2006 gesagt.
Aber die OLPC-Laptops kosten weder – wie zuerst versprochen – 100 Dollar noch 138, sondern 188 Dollar pro Stück. Und bislang gab es von den ersten Kunden nur rund 500.000 Bestellungen; diese Zahl schließt einen Teil der anstehenden Lieferungen nach Peru mit ein. Wenn das Projekt in Peru Erfolg hat, dürfte es trotz allem als Vorbild für andere Länder dienen. Mit dem einfachen Zugang zu Büchern, Kursen und Spielen sollen die Laptops einen konstruktivistischen Bildungsansatz unterstützen: Kinder lernen dabei durch Probieren, Entdecken und Zusammenarbeit. "Es ist deshalb so wichtig, weil Peru alles richtig macht", erklärt Negroponte in seinem kleinen Büro nahe dem MIT-Campus, "sie machen es in der Provinz, sie machen es mit Konstruktivismus, und sie machen es in einer vernünftigen Größenordnung. Das einzige Problem ist, dass sie die Ersten sind, sodass wir Fehler im laufenden Betrieb beheben müssen."
Die Zukunft des Projektes wird also in Dörfern wie Arahuay entschieden – einem Flecken mit 742 Einwohnern; die steilen Berge um ihn herum haben Ausgrabungsstätten aus der Vor-Inka-Zeit zu bieten und glänzende kalte Quellen. In der Kirche aus der Kolonialzeit steht eine Statue der Jungfrau Maria, geschmückt mit Plastikblumen. Arahuay ist arm, aber wie Becerra später erklärt, eigentlich ebenfalls nicht arm genug, um bei der breiten Laptop-Einführung berücksichtigt zu werden. Trotzdem entschied das Bildungsministerium, den Test mit einer Vorserie der OLPC-Maschinen hier stattfinden zu lassen. Denn Arahuay ist von Lima aus noch halbwegs gut erreichbar und hat bei einer früheren Initiative eine Internetanbindung per Satellitenschüssel bekommen. Die Laptops kamen im Juni 2007 und wurden in das erste Gebäude gebracht, auf das man hier trifft: die Institución Educativa Apóstol Santiago, ein sauberer, u-förmiger Betonbau mit einem großen Innenhof. Die Grundschule hat 46 Schüler.
Die Lehrer in der Schule wussten, dass wir kommen. Die Kinder saßen an ihren Tischen und tippten auf ihren schon etwas mitgenommenen Laptops herum. Kevin Gabino, elf Jahre alt, schrieb auf Aufforderung des Lehrers die Liste der Schulwerte auf – mit "Llegar temprano al colegio" (komm pünktlich zur Schule) als erstem Punkt. Mehrere andere Kinder spielten Tetris. Rosario Carrillo, 10, suchte bei Google nach "elemento de la comunicación", aber die Internetverbindung war so langsam, dass die Ergebnisse mehrere Minuten auf sich warten ließen. Rosario erzählte, dass sie den Computer zum Spielen, Fotografieren, Malen, Rechnen, Schreiben und für E-Mails an ihre 25 Jahre alte Schwester nutzt, die in Lima "Kleidung wäscht und sich um Babys kümmert". Cecilia Aquino, auch zehn Jahre alt, hielt Rosarios Hände. Sie filme am liebsten mit der Videokamera die Ziege ihres Vaters, mischte sie sich ein. Alles Teil des Plans, erzählte später Becerra: "Eines der Probleme mit Bildung weltweit ist, dass die Kinder nicht verstehen, warum sie lernen sollen. Wenn sie einen Computer haben, verstehen sie das Warum: Wenn sie zum Beispiel einen Film über ihre Felder oder Tiere machen wollen, müssen sie alles Mögliche beherrschen – nicht nur technische, sondern auch künstlerische Dinge."
(Quelle:Heise.de)
Peru steht kurz davor, im Rahmen des Programms "One Laptop per Child" (OLPC) 486.500 Laptops an seine ärmsten kleinen Bürger zu verteilen. Werden die Geräte an die Kinder in den Slums von Lima gehen? "Nein", sagt Oscar Becerra, Direktor für Bildungstechnologien des Landes, "sie sind nicht arm genug." Das klingt wie ein geschmackloser Scherz, aber tatsächlich erklärte Becerra dann, dass die Einwohner von Lima normalerweise elektrischen Strom und zumindest theoretisch Zugang zu städtischen Diensten und sogar Internetcafés haben. Die Laptops gehen deshalb an 9000 winzige Schulen in abgelegenen Gegenden wie Huancavelica in den Anden, zwölf lange Busstunden entfernt von der Hauptstadt, oder Dörfer wie Tutumberos in der Amazonas-Region, mehrere Tagesreisen entfernt.
Perus Schritt kommt zu einem kritischen Zeitpunkt für das Projekt OLPC, denn das gemeinnützige Projekt hat seine Ziele bezüglich Produktionsmengen und Preis verfehlt (s. TR 1/07). "Wir werden die Produktion nicht starten, bevor wir fünf bis zehn Millionen Bestellungen haben", hatte Nicholas Negroponte, früherer Leiter des MIT Media Lab und Initiator des Projekts, noch im Februar 2006 gesagt.
Aber die OLPC-Laptops kosten weder – wie zuerst versprochen – 100 Dollar noch 138, sondern 188 Dollar pro Stück. Und bislang gab es von den ersten Kunden nur rund 500.000 Bestellungen; diese Zahl schließt einen Teil der anstehenden Lieferungen nach Peru mit ein. Wenn das Projekt in Peru Erfolg hat, dürfte es trotz allem als Vorbild für andere Länder dienen. Mit dem einfachen Zugang zu Büchern, Kursen und Spielen sollen die Laptops einen konstruktivistischen Bildungsansatz unterstützen: Kinder lernen dabei durch Probieren, Entdecken und Zusammenarbeit. "Es ist deshalb so wichtig, weil Peru alles richtig macht", erklärt Negroponte in seinem kleinen Büro nahe dem MIT-Campus, "sie machen es in der Provinz, sie machen es mit Konstruktivismus, und sie machen es in einer vernünftigen Größenordnung. Das einzige Problem ist, dass sie die Ersten sind, sodass wir Fehler im laufenden Betrieb beheben müssen."
Die Zukunft des Projektes wird also in Dörfern wie Arahuay entschieden – einem Flecken mit 742 Einwohnern; die steilen Berge um ihn herum haben Ausgrabungsstätten aus der Vor-Inka-Zeit zu bieten und glänzende kalte Quellen. In der Kirche aus der Kolonialzeit steht eine Statue der Jungfrau Maria, geschmückt mit Plastikblumen. Arahuay ist arm, aber wie Becerra später erklärt, eigentlich ebenfalls nicht arm genug, um bei der breiten Laptop-Einführung berücksichtigt zu werden. Trotzdem entschied das Bildungsministerium, den Test mit einer Vorserie der OLPC-Maschinen hier stattfinden zu lassen. Denn Arahuay ist von Lima aus noch halbwegs gut erreichbar und hat bei einer früheren Initiative eine Internetanbindung per Satellitenschüssel bekommen. Die Laptops kamen im Juni 2007 und wurden in das erste Gebäude gebracht, auf das man hier trifft: die Institución Educativa Apóstol Santiago, ein sauberer, u-förmiger Betonbau mit einem großen Innenhof. Die Grundschule hat 46 Schüler.
Die Lehrer in der Schule wussten, dass wir kommen. Die Kinder saßen an ihren Tischen und tippten auf ihren schon etwas mitgenommenen Laptops herum. Kevin Gabino, elf Jahre alt, schrieb auf Aufforderung des Lehrers die Liste der Schulwerte auf – mit "Llegar temprano al colegio" (komm pünktlich zur Schule) als erstem Punkt. Mehrere andere Kinder spielten Tetris. Rosario Carrillo, 10, suchte bei Google nach "elemento de la comunicación", aber die Internetverbindung war so langsam, dass die Ergebnisse mehrere Minuten auf sich warten ließen. Rosario erzählte, dass sie den Computer zum Spielen, Fotografieren, Malen, Rechnen, Schreiben und für E-Mails an ihre 25 Jahre alte Schwester nutzt, die in Lima "Kleidung wäscht und sich um Babys kümmert". Cecilia Aquino, auch zehn Jahre alt, hielt Rosarios Hände. Sie filme am liebsten mit der Videokamera die Ziege ihres Vaters, mischte sie sich ein. Alles Teil des Plans, erzählte später Becerra: "Eines der Probleme mit Bildung weltweit ist, dass die Kinder nicht verstehen, warum sie lernen sollen. Wenn sie einen Computer haben, verstehen sie das Warum: Wenn sie zum Beispiel einen Film über ihre Felder oder Tiere machen wollen, müssen sie alles Mögliche beherrschen – nicht nur technische, sondern auch künstlerische Dinge."
(Quelle:Heise.de)
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