Uschi Obermaier über die Kommune 1, Drogen und Liebhaber
Am Donnerstag kommt die Lebensgeschichte von Uschi Obermaier in die Kinos. Für jetzt.de sprach Martina Koch mit der Ikone der 68er.
jetzt.de: Heute unvorstellbar, dass ein Fotomodell zum Aushängeschild einer politischen Bewegung wird...
Uschi Obermaier: Das hat heute nichts mehr miteinander zu tun. Fotomodelle sind einfach nur Fotomodelle. Ich hab’ mich damals auch gar nicht als Fotomodell gefühlt. Ich sagte immer: Ich lass’ mich nur fotografieren, ich bin kein Fotomodell.“
Die Models, die das machten, sind übrigens alle umgefallen. Zum Beispiel Naomi Campbell, die sagte ‚I’d rather go naked’. Heute macht sie wieder Werbung für Pelz. Ich finde das echt sehr low, wenn das auch nur ne’ Fotosession war und sie gar nicht mit dem Herzen dabei war. Angelina Jolie finde ich Klasse, die tut echt viel für die Umwelt. Neulich stand im Rolling Stone ein Klasse-Satz: ‚She stole Brad Pitt and saves the world’“.
Erkennen Sie sich in dem Film, Frau Obermaier?
Ja, und ich bin ganz erleichtert darüber. Jetzt kommt’s natürlich noch auf den Schnitt an. Aber die Darsteller finde ich sehr gut. Mir war wichtig, dass das Gefühl dieser Zeit rüberkommt und das schafft der Film. Die Träume, die wir hatten und unser Credo: Glaub’ an deine Träume.
Wie stehen Sie heute zur Kommune 1?
Das ist lange her. Ich würd’ mich damit gar nicht mehr beschäftigen, wenn ich nicht so oft danach gefragt würde. Ich habe sehr viel gelernt damals, das war gut für meine Entwicklung. Aber ich lebe jetzt.
Inwiefern war es wichtig für Ihre Entwicklung?
Harte Zeiten sind immer die besten. Und das war eine harte Zeit für mich. Ich kam völlig „blind“ zur K1, ich wusste nicht einmal den Unterschied zwischen Kommunismus und Kapitalismus, den haben die mir allerdings schnell beigebracht.
Man stellt sich den Alltag der K1 eigentlich lässig vor.
Für mich war es eher hart, denn die anderen waren alle extreme Kopf-Menschen, sehr intellektuell, aber sie kamen wenig mit ihrer Gefühlswelt zurecht. Unter anderem wurde ja gerade deswegen die Kommune gegründet, um in einem Raum zu leben, um nicht immer alles zu verstecken. Ich dagegen war immer schon ein emotionaler Typ. Da sind zwei Welten aufeinander geprallt. Ich war unbewußt emanzipiert und fand mich nicht besonders rebellisch. Ich wollte immer nur das tun, was ich wollte. Aber damals war es ja schon rebellisch einen Minirock zu tragen.
War Mode für Sie ein ideologisches Statement?
Die Mode war Ausdruck eines Lebensgefühls. Auf der Straße erkannte man Gleichgesinnte an der Kleidung. Heute gibt’s viele Trends, das hat nichts mehr mit Persönlichkeit oder Weltanschauung zu tun.
Frau Obermaier, Sie sagten, Sie waren nicht programmatisch emanzipiert, wie vertrug sich das denn mit den anderen Kommune-Frauen?
Das war unterschiedlich. Auch viele der Frauen waren emotional verhärtet, sehr in der politischen Szene involviert.
Gab’s da Freundschaften?
Ich hatte eher Probleme mit den Kommune-Frauen, denn die haben in mir auch nur ein dummes Fotomodell gesehen. Tatsächlich habe ich die nie richtig verstanden, weil ich viele Fremdwörter, die sie benutzten gar nicht kannte. Irgendwann dachte ich selbst dann schon, ich sei dumm. Da sagte Rainer Langhans mir: ‚Uschi, du bist nicht dumm, du weißt halt nur nicht soviel.’ Wir waren halt jung und hatten keine Erfahrung.
Klingt nicht toll, und trotzdem blieben Sie da?
Natürlich hatten wir auch viel Spaß, aber trotzdem war Berlin eine harte Zeit. Immer, wenn das Leben hart wird, lernt man am meisten – so ist das leider. Schlechte Zeiten sind sehr charakterbildend. Im Nachhinein sind sie wirklich gesund, weil man währenddessen mehr ‚compassionate’ mit Leuten wird.
Kein bisschen Hippie-Romantik?
Es war eher schwierig, mit so vielen Leuten in einem Raum zusammenzuleben und keine Privatsphäre zu haben. Die „Orgien“, die uns angedichtet wurden, haben niemals stattgefunden. Das waren alles Wunschträume der Kleinbürger und der Presse.
Der Springer-Presse vor allem.
Von denen kamen auch Sätze wie ‚Man schläft nicht zweimal mit der gleichen’ – diese ganzen dummen Sprüche haben wir nicht erfunden.
Was faszinierte Sie an Rainer Langhans?
Ich habe in der Zeitung gelesen, dass die so respektlos und frech waren gegenüber der Obrigkeit. Es gibt den berühmten Spruch von Fritz Teufel: ‚Wenn’s der Wahrheitsfindung dient, dann steh’ ich eben auf’, das fand ich damals genial. Ich habe Bilder von Langhans in der Zeitung gesehen und der hatte die schönsten, wildesten Haare, ich habe mich in den verliebt, eben auch weil er sehr einfühlsam, sehr sensitiv war und weil er dann eben auch zur mir stand, die haben da zum Beispiel diskutiert und dann wurde ich gefragt zu einer bestimmten Sache und ich konnte mich gar nicht wirklich gut ausdrücken und wieder nur aus dem Bauch reagieren und Rainer hat wirklich auf mich gehört und danach gehandelt und mich verteidigt gegenüber den anderen. Und der sah wirklich wie ein Engel aus.
Ist Matthias Schweighöfer, der Langhans-Darsteller gut besetzt?
Ja, der macht das gut. Ich bin wirklich von allen Darstellern begeistert.
Sie flirteten mit Keith Richard, Mick Jagger und Jimi Hendrix. Bitte eine Rockstar-Anekdote..
Die waren alle toll, alles sehr spezielle Menschen. Keith Richard war ‚the most honorable bad boy I’ve know’ – und ich kannte einige. Verstehen Sie?
Nee, gar nicht, erklären Sie mal..
Jimi Hendrix war ein fantastischer Musiker und ich mochte seinen Charakter. Der war eigentlich so scheu, aber auch so sensitiv und ganz lieb. Und Mick Jagger war erstmal nur Mick Jagger - mein Idol. Und dann war er sehr naughty, der hat mir die ersten frechen Worte beigebracht..“
Die Sie bei welcher Gelegenheit anbringen sollten? Sagen Sie mal eines.
Auf keinen Fall, die kann man nicht drucken. Aber natürlich war der extrem sexy.
Was kann eine Frau mit Schönheit erreichen?
Natürlich öffnen sich einer schönen Frau die Türen, man hat’s erstmal leichter, da kann mir einer sagen, was er will. Aber in Beziehungen, im täglichen Leben miteinander, nutzt einem das nichts, da kann nicht einer immer fünf Saltos machen, weil man so schön ist. Da kommt’s drauf an, wie der Charakter ist, wie man miteinander umgeht. Der Nachteil bei schönen Frauen ist: Man wird schnell als dumm abgetan, aber die Optik hilft.
Viele Prominente helfen inzwischen der Optik nach...
Das muss jeder selbst wissen. Als ich 25 Jahre alt war, hab’ ich auch gesagt ‚das würde ich nie machen’, und später dachte ich dann, wenn mich mein Aussehen mal frustriert, lasse ich auch was machen. Und ich lasse mir auch ein bisschen helfen. Ich würde sagen: Essen, Drogen, Liebhaber. Kann man alles machen, aber bitte immer alles in Maßen.
Was glauben Sie, wie lange das dauert bis man da das richtige Timing hat?
Ein Leben lang. Mich hat meine Eitelkeit vor schlechten Gewohnheiten gerettet - sei es vor der Angewohnheit, zuviel zu essen oder zuviel Alkohol zu trinken oder andere Drogen zu nehmen. Davor hat mich meine Selbstliebe bewahrt. Ich habe früher auch mal harte Drogen genommen, was toll war, und ich hätte das weiter gemacht, wenn da nicht meine Foto-Jobs gewesen wären. Aus heutiger Sicht ist das lachhaft, was wir damals verdient haben, aber damals war das viel Geld, und da hatte ich einfach eine ‚work-ethic’: Wenn die mir soviel Geld bezahlen, haben die auch das Recht, mich in Topform zu bekommen. Da kann ich jetzt nicht mit verquollenen Augen zum Shooting kommen.
Das kann man auch Selbstdisziplin nennen.
Ja, aber ich hänge das nicht so hoch. Egal, was für ein Grund, aber er hat mich gerettet, weil ich sonst bestimmt auch in solche Geschichten reingerutscht wäre.
Hatten Sie Vorbilder?
Mein großes Vorbild war die Verushka, die war für mich eins der besten Models. Die hatte sich selbst als Tier bemalt und dann fotografieren lassen. Erst dachte ich immer, die hat gute Make-Up-Leute, aber die hat das alles selbst gemacht. Die war das Fotomodell schlechthin – aus der künstlerischen Perspektive. Noch dazu war Verushka so nett. Ich lernte sie kennen und ein paar Monate später ging ich zum ersten Mal nach New York zum modeln, da hat die tatsächlich einen Brief geschrieben an eine der Schlüsselfiguren der New Yorker Szene mit der Bitte, dass sie lieb sein sollen zu mir. Dadurch hatte ich einen wunderbaren Einstieg, über die Zeit hätte ich es wahrscheinlich auch selbst geschafft, aber so war ich von Anfang an gleich im besten Circle, privat und beruflich.
Labels: Uschi Obermeier
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]
<< Startseite