Mittwoch, Januar 16, 2008

Druckerhersteller gängelt Nutzer mit Seitenlimit
















Diese Funktion treibt viele Computernutzer in die Verzweiflung: Der Drucker stellt einfach seine Arbeit ein - weil der Hersteller eine Obergrenze an Druckaufträgen programmiert hat. Jetzt gelang einem Bastler der Befreiungsschlag.
Diesen Spruch las Maschinenbauer Christian Zabel zum ersten Mal auf dem Display seines Epson-Tintenstrahldruckers: "Wartung erforderlich. Die Lebensdauer einiger Druckerteile ist abgelaufen." Und es sollte vorerst das letzte Mal sein: Der Drucker schaltete sich daraufhin ab, verweigerte den Dienst.

Zabel suchte im Internet nach einer Erklärung, fand in Web-Foren die Lösung: In dem Drucker läuft ein Zähler mit, der nach einer bestimmten Anzahl von Ausdrucken die weitere Arbeit blockiert. Hintergrund: Im Drucker fängt ein Vlies überschüssige Tinte bei Reinigungsvorgängen auf. Irgendwann könnte es voll sein, dann würde Tinte aus dem Drucker laufen. Um das zu vermeiden, baut Epson seinen Tintenstrahldrucker die Selbstblockade ein. Zabel findet im Web auch ein Hacker-Werkzeug, mit dem er den Zähler seines Druckers auf Null setzt. Er ersetzt das Auffang- Vlies nicht. Seit drei Monaten laufe der Drucker problemlos, als ob nichts gewesen wäre - keine Störung, keine Probleme. Diese erstaunliche Geschichte erzählt das Fernsehmagazin desComputerhefts "c't".
Die Begebenheit überrascht Tim Gerber, Drucker-Experte bei "c't", nicht. Er hat zum ersten Mal vor acht Jahren über das eingebaute Ausdruck-Limit von Tintenstrahldruckern berichtet. Sein Urteil: "Trotz der Kritik haben die Hersteller am Funktionsprinzip dieser Drucker-Bremsen nichts geändert: Überschüssige Tinte ist tatsächlich ein technisches Problem. Nur lösen die seit Jahren eingesetzten Mechanismen das ganz klar im Sinn der Hersteller."Im Webforum zum "c't"-Beitrag empören sich nun Nutzer über die Drucker-Selbstblockade ohne Vorwarnung: "Das ist ja Betrug", "Da ist der Gesetzgeber gefragt" und: "Ist das mit deutschem Recht überhaupt vereinbar?"

SPIEGEL ONLINE zählt die Vorwürfe auf und konfrontiert die in Deutschland führenden Anbieter von Tintenstrahldruckern Epson, Canon und HP mit der Kritik.


Vorwurf 1: Ausdruck-Limit vorab definiert

Drucker-Experte Gerber von der "c't" kritisiert, dass der integrierte Zähler bei manchen Drucker-Modellen nach einer bestimmten Anzahl von Druck- oder Reinigungsvorgängen feststellt, dass der Drucker nicht mehr funktionsfähig sei – zum Teil unabhängig davon, wie voll der Auffangbehälter tatsächlich ist. Drucker-Experte Gerber: "Dieser vorab definierte Wert liegt meiner Erfahrung nach an der unteren Grenze, geht von den schlimmsten Annahmen aus. Wir werden versuchen, in einem Test herauszufinden, wie realistisch diese Druck-Limits sind." Mit anderen Worten: Man könnte womöglich noch lange weiter drucken, ohne dass der Tinten-Auffangbehälter überläuft. "c't"-Redakteur Gerber: "Mir ist nicht bekannt, dass so ein Auffangbehälter schon einmal übergelaufen ist. Natürlich kann so ein Behälter überlaufen, natürlich müssen sich die Unternehmen gegen Schäden durch so etwas schützen. Aber die seit Jahren eingesetzten Lösungen erscheinen mir wenig kundenfreundlich."

  • Epson argumentiert, man schütze nur Kunden vor möglichen Schäden durch austretende Tinte. Dass der Druck eingestellt und auf eine notwendige Wartung des Druckers hingewiesen werde, trete "bei normaler Nutzung des Gerätes innerhalb seines Lebenszyklus nur sehr selten ein", betont Epson-Sprecher Ottmar Korbmacher.
  • Canon-Sprecher Dieter Röther weist darauf hin, dass es bei den Modellen des Drucker-Herstellers keine vorab definierten Druck-Limits gibt: "In unseren Geräten prüfen zwei Sensoren, wie voll das Auffangfließ tatsächlich ist." Sind 95 Prozent erreicht, schlägt der Drucker Alarm – man kann aber noch weiterdrucken. Bei 100 Prozent streikt das Gerät dann, um ein Überlaufen der Tinte zu verhindern.
  • HP-Drucker haben "keine solchen Wastecounters", versichert Firmensprecherin Barbara Wollny. Einzige Ausnahme: der mobile HP DeskJet 460 - bei diesem Gerät könnte es passieren, "dass der Kunde aufgefordert wird, den Auffangbehälter auszutauschen".

Warum sind Auffangbehälter eigentlich so schwierig auszutauschen? Das könnte man doch so einfach gestalten, wie zum Beispiel den Wechsel der Tintenpatronen. Drucker-Experte Gerber: "Ein normaler Anwender ohne handwerkliches Geschick und weitergehende Computerkenntnisse kann wenig mehr machen, als sich ein neues Gerät zu kaufen, wenn sein Drucker wegen des Auffangbehälter-Limits streikt."

  • Hier widerspricht Canon-Sprecher Dieter Röther. Bei den Tintenstrahlern seiner Firma könne man gegen eine Kostenpauschale das Auffangfließ auswechseln lassen. Kosten: "Je nach Modell etwa 35 bis 50 Euro netto plus Versand."
  • Epson tauscht laut Firmensprecher Korbmacher ein volles Auffangfließ bei seinen Tintentenstrahldruckern innerhalb der Garantiezeit kostenlos, danach für eine Pauschale von 20 Euro aus.
  • Beim einzigen HP-Tintenstrahldrucker (HP DeskJet 460), bei dem der Auffangbehälter ausgetauscht werden muss, können Kunden das laut HP-Sprecherin Barbara Wollny "selbst machen". Die Ersatzteile bekomme man "für circa 10 Euro beim Service".

Wie viele Drucker-Besitzer von solchen Sollbruchstellen-Streiks betroffen sind, ist schwer abzuschätzen. Bevor das Limit des internen Zählers überschritten ist, dürften viele Drucker wegen eines anderen Defekts ausfallen, schätzt Gerber. Das beurteilt Frank Frommer, Redakteur beim Online-Fachdienst Druckerchannel.de ähnlich: "Bei den meisten Nutzern ist das Druckaufkommen zu gering oder die Drucker werden aus anderen Gründen vorzeitig ersetzt - technologischer Fortschritt, oder zum Beispiel ein anderer Defekt."

Allerdings dürfte das Ausdruck-Limit auch sparsame Gelegenheits-Drucker treffen. Fachmann Gerber erklärt: "Viele Anwender schalten ihren Drucker über eine Steckerleiste mit dem Computer aus, um Strom zu sparen. Nach solchen Auszeiten starten Drucker aber ihr Reinigungsprogramm – beim ersten Einschalten oder beim ersten Ausdruck." Und da läuft laut Gerber das interne Zählwerk mit, schließlich wird bei der Reinigung ja Tinte verbraucht.

  • Bei Canon-Druckern tritt dieser Effekt laut Unternehmenssprecher Röther nicht auf: "Unsere Tintenstrahldrucker zählen nicht die Einschaltvorgänge, sondern die vergangene Zeit seit dem letzten Reinigungsvorgang."
  • Bis auf den HP DeskJet 460 hat kein HP-Tintenstrahldrucker einen internen Zähler, der den Drucker irgendwann stoppt. Hintergrund laut HP-Sprecherin Wollny: "Konstruktionsbedingt fällt bei Spülgängen so wenig Tinte an, dass während der Lebensdauer eines Druckers nichts vollläuft bzw. ausgetauscht werden muss".

Wenn die Auskünfte der Drucker-Hersteller stimmen, scheint die Kritik an der Selbstblockade-Automatik mancher Tintenstrahl-Drucker überzogen. Die Canon-Modelle schalten sich offenbar erst ab, wenn das Auffangfließ ausgelastet ist, statt nach einer Auszählung der Druck- oder Reinigungszyklen das Gerät in den Vorruhestand zu schicken wie bei Epson-Modellen. HP-Tintenstrahldrucker haben abgesehen von einem Modell keine Abschalt-Automatik.

So urteilt Frank Frommer vom Online-Fachdienst Druckerchannel.de: "Die große Aufregung über diesen Zähler ist etwas übertrieben." Aber Frommer sieht eine Ursache für das Misstrauen bei den Herstellern: "Woher soll der Nutzer wissen, warum sein Drucker plötzlich gewartet werden möchte, obwohl er Sekunden zuvor noch einwandfrei gedruckt hat, wenn die Hersteller ihn nicht über diese Hintergründe aufklären?"

(Quelle.Heise.de)

Labels:

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite